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Abbildungen unterschiedlicher embryonaler Wachstumsphasen und einer analogen kunsstherapeutischen Gestaltung


Kinder - Kunst - Therapie


Mitglied einer Forschungs- und
Experimentiergruppe für
systemische Aufstellungsarbeit


 

Auszug aus "Kunsttherapie als Kindertherapie: Kinderbilder zeigen Wege zu Verständigung und Wachstum" von Judith Aron Rubin erschienen in Gerardi, Verlag für Kunsttherapie, Karlsruhe 1993

Der kreative Prozeß als Lernerfahrung (S.330ff.)
Im Erleben von Kunst kann auch ein Kind erfahren was MASLOW (1959) als ein "Gipfelerlebnid" bezeichnet, eine höhere Bewußtheit und Lebendigkeit, ein "momentanes Gespür für das Leben, wie es am schönesten ist", um mit ULMAN zu sprechen (1971, S,93). Künstlerische Betätigung kann sich ihm nicht nur als augenblickliche Erleichterung und Befreiung darstellen, als eine Form der Abfuhr überschüssiger Energie, sondern auch als ein Freisetzen nichtkonfliktärer Energie, die nun zu konstruktiven Zwecken bereitsteht, zur Sublimierung und Bewältigung von Konflikten, die zuvor seine Kräfte aufzehrten".
"Kunst" als Prozess heißt in Kontakt mit allen Ebenen des Bewusstseins zu sein (KUBIE 1958), in Kontakt auch mit äußeren Stimuli, und damit erfährt das Bewußtsein seine Erweiterung, Ausdehung, Vertiefung und Schärfung."Dieses Offensein für Erfahrung wird auch seinerseits erfahren: erstens als Stimmung, zweitens als Verstehen, drittens als Äußerung (KAELIN, 1966, S.8)

Im kreativen Prozeß gibt es immer wieder Zeiten des Innehaltens und Schauens, Zeiten des Reflektierens und des Nachdenkens darüber, wie der Prozeß und das Produkt erlebt werden. Diese reflexive Haltung gehört ebenso zum Gesamten des kreativen Prozesses wie das Sichversenken im Tun, und ein geglücktes Kunsterleben [...] schließt beides ein. Indem das Kind sich sowohl "einläßt" als auch zurücktritt, indem es sowohl "tut" als auch denkt, lernt es zugleich seine Energien zu nutzen, dass es "ästhetische" Aussagen machen kann.

Das künstlerisch tätige Kind kann Autonomie und Unabhängigkeit entwickeln und die Verantwortung für den Prozeß wie für das Produkt übernehmen. [...] Es kann symbolische Experimente machen, es kann - in Prozeß und Produkt - mit Gefühlen und Vorstellungen arbeiten, die ihm anschließend vielleicht auch in der Realität möglich werden. (...)

Wie ARNIM (1067, S.341) sagt: "Es ist im Grunde genommen gleichgültig, ob ein Kind oder ein erwachsener Künstler Kreise und Dreiecke oder Tiere und Bäume malt. Beide Methoden repräsentieren die innere und äußere Welt, und weder die Psychologie noch die Kunst trennt die beiden". [...] In vielen Fällen handelt es sich um eine rein perzeptuell-emotionale Erkenntnis
Es handelt sich um jene besonder Potential der Kunst, nicht nur innerpsychische, sondern auch interpersonale Geschehnisse symbolisieren zu können, vielschichtige oder sequentielle Geschehnisse zu einer einzigen visuellen Mitteilung zu komprimieren. Das künstlerische Symbol ist ein Kondensat, ein Träger vieler Bedeutungen un von seiner Natur her imstande, offensichtliche Polaritäten zu integrieren - Realität und Phantasie, Bewusstes und Unbewusstes, Ordnung und Chaos, Ideenbidlung und Gemütsbewegung.

In der Kunsttherapie wird immer wieder offenbar, dass es in sich hilfreich ist, wenn komplexen Gefühlen, eine Form gegeben wird - hilfreich vielleicht deshalb, weil der Schöpfer spürt, dass er die Konfusion in gewisser Weise in der Hand hat, wie FRANKL (1959, S.117) andeutet: "Gefühl, wenn es Leiden ist, hört auf, Leiden zu sein, sobald wir uns ein klares und präzises Bild davon machen".

Hinter all den Überlegungen, die ich hier im Zusammenhang mit dem Kunsterlben angestellt habe, steht nun allerdings die Person, das Individuum. Seine Energien und Potentiale, sein Erkunden und Sichäußern, seine "Meisterschaft" udn Autonomie, seine Produktivität und Bewußtsein, seine Vorlieben und seine Freude am Tun, seine Entwicklung und Entfaltung sind zugleich Ursache und Ergebnis alles anderen.[...]

Der Kunsttherapeut als reale Person und als symbolische Bezugsperson

Was die Kunsttherapie von Kunst und künstlerischen Betätigung in anderen Bereichen unterscheidet, ist nicht zuletzt die Bedeutung der Beziehung zwischen dem Therapeuten und seinem bzw. seinen Klienten: Kunstschaffen im Rahmen einer therapeutischen Beziehung ist nun einmal etwas anderes als selbsständiges Zeichnen oder die Arbeit im Klassenzimmer.
In der Kunsttherapie haben wir es mit einer besonderen und "geschützten" Situation zu tun, damit, dass die eine Person eine physische und psychische Umgebung erschafft, in der die andere bzw. die anderen sich im Wege ihter künstlerischen Betätigung selbst erkunden, "ausdehnen" und schließlich verstehen können.

Im Rahmen einer solchen Beziehung expniert das Kind sich spontan gegenüber der Bezugsperson und lernt, zusammen mit diesem anderen Menschen seine schöpferischen Aussagen und sich selbst zu betrachten. Dabei fällt oft kaum ein Wort, aber das Zusammensein und die gemeinsame Teilhabe an Prozeß und Produkt sorgen in einer Situaiton, die andernfalls von Verletzlichkeit und Fragilität gekennzeichnet wäre, für Schutz, Gültigkeit und sogar für Beständigkeit. [...]


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